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Die Geister, die ich rief

Freund aus Texas, Rainer, Michael, März 1981
Freund aus Texas, Rainer, Michael, März 1981

Jetzt stellte sich für die beiden Elegant-Gründer plötzlich die Frage nach Live-   Auftritten. Schon mehrmals waren sie von verschiedenen Seiten auf diesen Punkt angesprochen worden und hatten sogar schon einige konkrete Angebote bekommen. Bisher war es ihnen stets gelungen, sich immer wieder elegant herauszureden und zu erklären, warum sie zurzeit nicht auftreten könnten. Aber langsam gingen ihnen die Ausreden aus. Es wusste ja in der Öffentlichkeit niemand, dass Elegant nur aus zwei Personen bestand und gar keine "richtige" Band war. Das jedoch zuzugeben, war Rainer und Michael indessen ganz schön peinlich. Deshalb wurde der Druck auf die beiden immer größer. Vom unerwarteten Erfolg und Interesse völlig überrumpelt mussten sie sich nun ziemlich schnell entscheiden, wie es weitergehen sollte.

 

Eigentlich war es mit der Single ja nur eine Schnapsidee und nicht wirklich ernst gemeint gewesen. Mit dieser positiven Resonanz hatte absolut keiner gerechnet. Aber, was hatten sie letztlich zu verlieren? Es könnte doch nur noch besser werden. Beherzt entschlossen sich Michael und Rainer, den Stier bei den Hörnern zu packen und Nägel mit Köpfen zu machen.

 

Ermutigt durch den positiven Zuspruch, den sie von allen Seiten erhielten, entschlossen sie sich, eine Kleinanzeige aufzugeben und nach Mitstreitern zu suchen. Da Michael gerne den Bass übernehmen wollte, fehlten, der Vollständigkeit halber, noch ein Gitarrist und ein Schlagzeuger. Die Antworten, die sie erhielten, waren viel- versprechend. Viele junge Musiker suchten zu dieser Zeit eine kreative Wirkungsstätte.

Die Berliner Band Elegant

                 Hansi, Rainer, Wolfgang, Michael

Gleich gibt’s was auf die Fresse

Hansi Nischwitz von Elegant
Hansi der Saitenversteher

Da Michael und Rainer den Bewerbern nicht lange erklären wollten, um welche Art Musik es sich handelte, spielten sie ihnen einfach die Single vor. Die meisten Bewerber winkten jedoch dankend ab, nachdem sie die Platte gehört hatten. Solch schräge Art von Musik wollten sie nicht machen.

 

Ein Kandidat allerdings dachte etwas völlig anderes. Er vermutete, die beiden Elegant-Gründer wollten ihn auf den Arm nehmen und verarschen. Er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Er kannte nicht nur den Song „Arschloch“, es war sogar sein absoluter Lieblingstitel. Selbst den Text kannte er auswendig. Deshalb vermutete Hansi Nischwitz, so hieß der junge Mann, man wolle ihn verschaukeln und wurde ziemlich ungehalten. Die beiden standen in diesem Moment ganz dicht vor einer, genauer gesagt, zwei blutigen Nasen. Erst als sie ihn beschwichtigen und nach längeren Erklärungen überzeugen konnten, dass alles seine Richtigkeit hatte, beruhigte er sich wieder und willigte ein, künftig bei Elegant den Gitarrenpart zu übernehmen.

 

Auch ein Schlagzeuger war schnell gefunden. Wolfgang Schmidt hatte zuvor bereits bei einigen anderen Berliner Bands gespielt, und als diese sich nach und nach aufgelöst hatten, nach einer neuen musikalischen Heimat Ausschau gehalten. Die Gruppe Elegant kam ihm da gerade recht, denn er wollte endlich mal in einer Band spielen, die eine härtere Gangart einschlug als seine bisherigen Bands. Von der Single war er total begeistert und auch die Chemie mit den anderen dreien stimmte auf Anhieb.

Elegant-Badges

Ein Gitarrensolo macht noch kein Konzert

Wolfgang Schmidt von Elegant
"Hau rein Wölfi"

Jetzt war die Gruppe komplett. Nach wenigen Wochen intensiven Übens stand bereits das erste Bühnenprogramm. Zwar hatten sie nur Stücke für eine gute halbe Stunde, aber das erste Konzert stand an und sie mussten den Termin einhalten. Übermütig, wie sie waren, hatten Rainer und Michael bereits Konzerterminen zugestimmt, obgleich sie noch nicht mal eine Band zusammen hatten.

 

Deshalb waren sie heilfroh, dass die Suche mit der Kleinanzeige so rasch über die Bühne gegangen war und sie auf Mitstreiter gestoßen waren, die nicht allzu viel Zeit zum Üben benötigten.

 

(Um zu üben und um sich handwerklich zu verbessern, spielten sie einige "inoffizielle", nicht angekündigte Gigs in Jugendfreizeit-heimen und hatten Kurzauftritte auf öffentlichen Plätzen und in Parks. Das meist wenig vertretene Publikum reichte ihnen aber aus um Live-Feeling herzustellen. Sie nannten das "öffentliche Probe".)

 

Hansi und Wolfgang verstanden ihr Handwerk und erwiesen sich schnell als echte Profis, die wussten, worauf es ankam. Sie hatten beide keinerlei Schwierigkeiten, sich in die Band einzufügen und die Songs umzusetzen. Bezüglich des Bühnenprogramms wurde Hansi instruiert, seine Gitarrensoli besonders lang zu gestalten und auch Wolfgang sollte seine Trommelsoli besonders eindrucksvoll ausdehnen.

 

Auf diese Weise wollten sie versuchen, einige zusätzliche Minuten zu gewinnen, um das Programm „unauffällig“ zu verlängern. Zu ihrer aller Erleichterung ging diese Rechnung bei ihren ersten Konzerten auf, zumal Rainer und Michael es geschickt verstanden, durch originelles und launiges Geplauder mit dem Publikum, die Pausen zwischen den einzelnen Songs ebenfalls um einiges zu strecken. Ihr Glück war auch, dass sie zu Beginn ihrer Karriere oft zusammen mit anderen Bands auftraten und von daher ein halbstündiges Programm tatsächlich völlig ausreichte. Allerdings war allen Beteiligten klar, dass dies auf Dauer so nicht bleiben konnte. Es mussten einfach neue Songs her.

Gleich und Gleich gesellt sich gern

Rainer Beyersdorf von Elegant
Rainer

Also setzten Michael und Rainer sich hin und schrieben sie. Michael die Musik und Rainer die Texte. Es begann eine äußerst kreative Zeit der Zusammenarbeit zwischen den beiden. Dieses Teamwork sollte noch viele Jahre, weit über die Zeit mit Elegant, anhalten. Mal schrieb Rainer einen Text auf die Musik von Michael, mal komponierte Michael die Musik auf einen Text von Rainer.

 

Und ihre Zusammenarbeit war so unkompliziert wie harmonisch. Sie inspirierten sich ständig gegenseitig, indem sie immer auf neue Ideen für Musik oder Texte kamen. Ihre gemeinsame kompositorische Arbeit wurde insbesondere dadurch erleichtert, dass sie den gleichen Musikgeschmack hatten und auch in den meisten anderen Dingen sehr ähnlicher Ansicht waren.

 

Leider hatten sie auch, was Frauen anbetraf, den gleichen Geschmack und verliebten sich oft in ein und dieselbe Frau. Dies war das einzige, das hin und wieder zu Spannungen zwischen ihnen führte, aber die konnten sie klären. Einer von ihnen war schließlich immer bereit, nachzugeben. Allerdings gab es einen Fall, wo beide mit derselben Frau zusammen waren, ohne dass sie dies von einander wussten. Das wurde ihnen erst klar, als die Affäre bereits nach kurzer Zeit dem Ende zuging und die ganze Sache aufflog.

 

Ihrer Freundschaft tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil, noch Jahre später zogen sie sich gegenseitig damit auf, wie sie auf diese Frau reinfallen konnten und wer von ihnen in welcher Situation der größere Trottel gewesen war. Rainer hatte sich im Lauf der Zeit angewöhnt, für Sachverhalte, deren Ursache nicht genau ergründet werden konnte, die erste Zeile des Refrains eines alten Schlagertitels anzustimmen. Immer, wenn es darum ging festzustellen, warum etwas schief gelaufen war und wer daran Schuld hatte, sich dies aber nicht genau feststellen ließ, pflegte Rainer zu singen: „Schuld war nur der Bossa Nova“. Und immer, wenn sie beide wieder mal eine „Frauen-Krise“ überwunden hatten, wussten sie, dass die Sache endgültig vom Tisch war, wenn einer von ihnen diese Zeile zitierte.